Verfasst von: Billie | Do, 12 März, 2009

Kimono

Während meines Besuchs bei Higanbana habe ich einen lange umhergetragenen Gedanken in die Tat umgesetzt: ich habe mir einen Kimono gekauft.

Naja. Diese Aussage ist im Prinzip etwa so eindeutig wie das Deutsche „ich habe mir ein Kleid gekauft“ — ob es sich dabei um ein Hauskleid, Sommerkleid, Cocktailkleid, Abendkleid … handelt, ist daraus einfach nicht ersichtlich. Für alle Interessierten: ein 小紋, waschbar, cremefarben mit Blütenmotiv, dazu ein wendbarer dunkelroter 半幅帯 — eine Seite mit Blütenranken, die andere mit 魔除け-Muster (einem Muster, das vor bösen Geistern schützen soll). 長襦袢, das Unterkleid, in hellgrün, und 草履, eine Art Zehensandalen, mit dunkelrotem Steg. Es fehlen noch ein paar Kleinigkeiten– eventuell ein 肌襦袢, Unterwäsche, die unter’s nagajuban gehört, ein paar himo (Stränge, mit denen das Ganze gebunden wird– meine sind dunkelblau, und da hab ich bei dem hellen Stoff irgendwie doch Bedenken … ), 帯揚げ, ein Stofftuch, das den obi ziert, und 帯締め, Kordeln, die ebenfalls den Obi verzieren und das gesamte Ensemble aufwerten können. Aber die Dinge werden sich mit der Zeit zugelegt; muss ja nicht alles auf einmal sein.

Bei Damenkimono gibt es eine Rangordnung, mein komon ist ein Alltagskimono, der zu Spaziergängen oder Treffen mit Freunden bedenkenlos getragen werden kann, je nach Kombination (formellerer Gürtel …) auch ins Theater oder zum Empfangen von Gästen, aber nicht zu offiziellen Anlässen. Wie die Dame im Laden mir als Faustregel mitgab: Gibt’s eine schriftliche Einladung, ist das Ding zu informell. Natürlich hängt das auch hier wieder vom Ermessen des Einladenden ab, und mit guten obi kann man wohl eine ganze Menge reißen, aber die Tatsache, dass mein komon auch nicht aus Seide, sondern aus Kunststoff ist, wirkt sich da einfach nachteilig aus. Trotzdem: sollte ich in die Situation kommen, werd ich einfach dumm Fragen. Fragen kostet nichts und hilft (fast) immer weiter.

Als ungefähre Rangfolge von formell nach informell wurde mir folgendes genannt: Kurotomesode (黒留袖), Irotomesode (色留袖), Furisode (振り袖), Hōmongi (訪問着), Tsukesage (付け下げ), Iromuji (色無地), Komon (Ausnahme: Edokomon), und an die letzte Kategorie kann ich mich grad nicht mehr erinnern. Dazu sollte aber bemerkt sein, dass z.B. Kurotomesode nur von verheirateten Frauen getragen werden, das ebenso formelle Gegenstück für die ledige Dame wäre der Furisode … und variiert werden kann ohnehin, siehe auch Kommentare.

Higanbana war dann auch noch so lieb, mir einen alten Kimono, den sie nicht trägt, sowie zwei obi und ein „Polsterhandtuch“ zu überlassen — die ideale Linie beim Kimono ist grade, und Kurven lassen sich durch ein mehrfach gefaltetes Handtuch prima ausgleichen.

Demnächst werde ich mich wohl auch auf die Jagd nach einem Buch über die Grundlagen des Kimono-Tragens machen– Higanbana besitzt einige solcher Juwelen, und ich denke, es ist doch schöner, sowas im Regal zu haben, als jedes Mal Kopien oder Internetseiten wälzen zu müssen.

Der deutsche Wikipedia-Artikel zum Thema scheint mir übrigens in weiten Teilen mit Vorsicht zu genießen zu sein … aber vielleicht kann mir dazu jemand was sagen, der mehr davon versteht?

Photos hinzugefügt am 15.3.2009:
Komon, Hanhaba-obi, obiage

Oberer Teil des Nagajuban

von Higanbana

Am 15.3. gekauft: Haori

Dieser Artikel steht übrigens unter Erweiterungs-Gefahr, je nachdem, was so an Fragen etc kommt. Fordert mich heraus, stellt Fragen! Higanbana hat schon mit einigen interessanten Informationen kommentiert, Kommentare gucken lohnt sich also auch, und mehr ist immer willkommen.


Antworten

  1. Hallo,

    also weil du mich um eine Korrektur gebeten hast:

    Die 伊達締め sind eigentlich nur so etwas wie die 腰紐, nur eben in breit und werden ueber die Schnueren gebunden, um den Kimono vor dem Verrutschen zu schuetzen. Wenn du die Moeglichkeit hast, besorge dir lieber einen, entweder traditionell einen zum Binden oder einen modernen mit „magic tape“.

    Was du sicher meintest, sind die 帯締め. Das sind die flachen oder runden Schnueren, die ich dir gezeigt hatte. Und wenn du willst, dann kannst du dir gerne auch eine 帯止め dazu noch besorgen.

    Ich wuerde die Kimono nicht unbedingt in die Reihenfolge bringen, weil sich z.B. Kurotomesode oder Furisode nicht in ihrer Formalitaet unterscheiden, sondern nur dadurch, ob man verheiratet oder nicht ist. Dann ist ein Sortieren in formell, semiformell und Alltagskleidung besser. Und iromuji kann z.B. sowohl Semiformell, formelle Trauerkleidung oder auch Alltagskleidung, es haengt dann alleine vom Guertel und den Assessoirs ab.

    Meintest du bei der letzten Art 紬(つむぎ)?Es gibt aber noch weit mehr, 喪服(もふく)  waere etwas davon. Oder 大島紬 ist auch eine von Mama-san oft in Bars oder so getragene Variante von Alltagskleidung.

    Ich habe jetzt auch mal einen Blick auf den Artikel zu den Kimonos geworfen, zu dem Geisha-Teil kann ich nichts sagen. Bei dem Rest steht nicht grossartig Falsches drin, es ist eher vieles sehr vereinfacht. Ich wage auch zu bezweifeln, dass die Anzahl der kimonotragenden Geisha groesser ist als die normaler Frauen. Mich interessiert auch mal, welche Zeitspanne als „traditionell“ gilt, denn z.B. die Miko in Jinja tragen auch Hakama, ohne dass das meines Wissens eine moderne Erfindung ist. Und Hakama war auch ein Teil der Schuluniform bis Anfang der Shouwa-zeit, so dass ich mir auch nicht vorstellen kann, dass man einfach mit Beginn der japanischen Neuzeit Maedchen erlaubt hat, Maennerkleidung zu tragen.

    Und ehrlich gesagt fuehle ich mich ueber die Charakterisierung von Kimonotraegern als Hobbyisten etwas angegriffen. Sie (oder vielleicht kann man sogar von wir sprechen) sind nun wirklich was anderes als Gothic Lolita oder andere von der westlichen Standardmode abweichenden Leute.

    Liebe Gruesse

    Higanbana

    • Das mit der 伊達締め / 帯締め war ein Fall von Verschlimmbessert– ursprünglich hatte ich obijime stehen, dann dachte ich „Moment, heißt das wirklich so…?“ und … ja. Ich hab’s jetzt wieder geändert, Danke! 😀

      Beim Rest– ich verweis mal im Artikel auf die Kommentare, mal sehen, was noch so kommt. Susanne z.B. weiß auch ’ne ganze Menge, kein Wunder, sie plant auch Magisterarbeit zum Thema zu schreiben … 🙂 Gespannt, was noch so kommt!

  2. Ooh, Kimono!! Fotos, bitte ^^

    • Ich … arbeite dran. :D;;; Momentan hab ich ihn noch nicht einmal angezogen, weil ich keine koshihimo hier hab– und ohne is schlecht, ne. 😉 Aaaaber Sonntag (?) sollte ich es zum nächstgelegenen Kimono-Yamato schaffen, und wenn nicht, bin ich Sonntag trotzdem in der Stadt, wo’s ’ne Menge Läden für diese Art von Zeugs gibt. Und dann wird rumprobiert. *lacht*

      • Öhm, das da oben war übrigens ich (Ines), mit meinem leeren WordPress-Blog, was ich mal probehalber angelegt hatte, um zu gucken, ob ich so meine Tagebucheinträge von meiner Homepage mit halbwegs kleinem Arbeitsaufwand in ein Format kriege, was ich irgendwann mal ausdrucken (lassen) könnte, zum neben Fotoalben quetschen. ^^“

        Frohes koshihimo-Kaufen auf jeden Fall! 😉

        • *lacht* Ich hab die E-Mail-Adresse gesehen und dachte mir das schon. 😉 Aber Danke nochmal!

          Hach, Tübingen und meine Tübinger, ihr fehlt mir manchmal ganz schön. 🙂

  3. himmel ich hätte nie gedacht dass es da so viel zu beachten gibt… da rückt mein wunsch selbst mal einen zu besitzen wohl in seeeehr ferne zu kunft. ^^
    aber der frage nach den fotos würd ich mich anschliessen!!!

    • …und ich hab bestimmt noch nicht ein Zehntel dessen notiert, was man beachten sollte (T_T) Nicht umsonst gibt’s in Japan für’s Kimono-Wissen (Stoffe, Kombinationen, Schnitte, Tragweisen …) richtige Prüfungen (wie beim Kampfsport 😉 ). Nur ist das für den Laien eben auch nicht sooo wichtig; von den Grundlagen her steht schon ein bisschen was da, denke ich (besonders, wenn du das, was Higanbana geschrieben hat, mit einbeziehst). 🙂

      Ich hab jetzt ja zwei solche Teile, und es werden sicher noch mehr– wenn ich lerne, das ordentlich zu tragen, wirst du auch mal ausstaffiert. 😉

  4. @Amy

    Wenn du keine Zeit oder Lust hast, dir einen „richtigen“ Kimono zuzulegen, dann kaufe dir doch einen 二部式 NIBUSHIKI KIMONO, einen Zweiteiler. Das ist Alltagskleidung, die man einfach mit den angenaehten Schnueren zuschnuert und wofuer man keinen Guertel braucht. Und auch wenn ein Hadajunban – japanische Unterwaesche – besser waere, so tut’s im Zweifelsfalle auch ein langes T-Shirt, bei dem oben vorn ein V reingeschnitten wurde.

    Dazu noch Tabi – die Struempfe- und Zouri – die Sandalen, und du hast fuer schnell mal unter 15.000 Yen deinen alltagstauglichen Kimono.

    Und wenn’s denn doch etwas fuer Europaeer japanischer sein soll, dann waere vielleicht ein Yukata was fuer dich, die es im 3er-Set (Yukata, Guertel, Schuhe oder wahlweise Tasche) schon ab 3500 Yen gibt. Und die Komono dazu gibt’s auch als Set (Hadajunban, Koshihimo, Datejime, Obiita), das ich schon ab 1000 Yen (z.B. bei Shimamura) gesehen habe.

    Und wenn man das mit dem Yukata erst einmal verstanden hat, dann ist der Kimono auch nicht mehr soooo das grosse Problem. Eben bloss mit mehr Schichten. Und dann auch mit anderen Guerteln.

    Liebe Gruesse

    Higanbana

  5. Liebe Billie,
    kannst du bitte für so Unwissende wie mich, die einzelnen Bilder noch mit einem Namen versehen, damit ich erkennen kann, was was ist?

    • Hey tonari,

      Wenn du mit dem Mauszeiger über den Bildern stehst, sollte da eigentlich ein Kästchen erscheinen, in dem steht, was es ist– wenn das nicht funktioniert, ist mit deinem Browser irgendwas nicht in Ordnung (oder er kann’s einfach nicht). Würd mich freuen, wenn du das versuchst und mir sagst, ob’s klappt! Wenn nicht, füg ich’s nochmal als Text hinzu. 🙂

      • Mit meinem web´n´walk-Stick und dem Netbook klappt es nicht, aber da bekomme ich den Namen, wenn ich auf Eigenschaften gehe. Ist schon okay so.
        Auf dem „richtigen“ Computer geht es problemlos, ich hatte es nur noch nicht ausprobiert. Dank dir für den Tipp.

  6. Also wenn du Interesse an preiswerten (ca. 1000 Yen pro DVD) , aber wirklich guten DVDs zum Kimonoanziehen haben solltest, dann empfehle ich dir die vom 京都和装産業振興財団 in Kyoto http://www.wasou.or.jp/ . Telefonnummer 075-211-0015. Die Videos waren eine Empfehlung einer meiner Lieblingskimonolaeden und haben mir vor meiner Hochzeit wirklich sehr geholfen. Man kann auch von „gerettet“ sprechen. ^^

    • Die wasou-Sachen sind super, danke für den Tip– da leg ich mir sicher noch was von zu 🙂 Ich hab mir grad von A. aus meinem Wohnheim ein Buch und ein paar DVDs geliehen; mal gucken, wann ich damit durch bin … der Flohmarkt am Kitanotenmangu am 25. hat mir noch einen Nagoya-obi, eine grüne Obi-age, eine Obi-jime, zwei Eri-shin, einen Korin-Belt und ein weiteres Paar Tabi beschert; mal gucken, was die nächsten Flohmärkte so bringen. :D;;

  7. […] schon da sind, dann koennen wir ja auch gleich noch einmal bei ” meinem” Kimonoladen (https://dokuritsu.wordpress.com/2009/03/12/kimono/) vorbeischauen und die Kimonos anschauen. Als die Verkaeuferin N. ansprach, ob sie mal einen […]


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